Gymnasium 10. Klasse




Foto: Jakob-Brucker-Gymnasium, Juni 2024


Liebe Schülerinnen und Schüler am Jakob-Brucker-Gymnasium in Kaufbeuren,

ich will euch auf meiner Homepage begrüßen. Ich komme bei euch zum Unterricht in die 10. Klassen, um über den Fund des Danuvius guggenmosi zu erzählen. Auf meiner Homepage habe ich die Möglichkeit, eure Fragen auch nach dem Unterricht zu beantworten. Daher gibt es diese Seite.

Dr. Christine Laugwitz






Die Allgäuer Zeitung berichtete am Dienstag, den 17. Juli 2024 im Kaufbeurer Lokalteil unter Vereine und Schulen:



Mit freundlicher Genehmigung der Allgäuer Zeitung.







Hier will ich euch auf eine sehr schöne Ausstellung in München aufmerksam machen, die noch bis April 2025 dauert.

Sonderausstellung im Museum Mensch und Natur:
Skelette - Choreografen der Bewegung
.

Hier wird erklärt, wie Bewegungen sich auf den Knochenbau und die Knochenform auswirken. Im Rückschluss kann man sich überlegen, wenn ich einen Knochen finde, z.B. von Danuvius guggenmosi, wie kann ich diesen Knochen erklären.


Im ersten Raum erfahrt ihr ganz viel über Knochen und im zweiten Raum könnt ihr euch Skelette von Tieren anschauen, so z.B. einen Geparden und ein Känguru.
Fotos: Kathrin Glaw, Museum Mensch und Natur, München, 2024



Auf der Seite Ausstellungen erhaltet ihr weitere Informationen zu der Sonderausstellung und ihr könnt auch den Flyer dazu runterladen.






Pforzen im Juni 2024

Liebe Schülerinnen und Schüler!

Hier werde ich eure Fragen aus dem Unterricht zu Danuvius guggenmosi zusammenstellen und beantworten. So bekommen es alle Interessierten mit, wenn sie auf diese Seite schauen. Sicherlich werde ich nicht jede Frage beantworten, da Fragen auch mehrfach gestellt werden, ähnlich formuliert werden, zu einem Themenblock gehören oder das Thema auf meiner Homepage schon meist unter der Box Danuvius beschrieben ist.

Das Thema um die Funde in der Tongrube der Hammerschmiede ist so aktuell, dass es noch nicht in den Lehrbüchern zu finden ist. Daher habe ich auch zwei Informationsblätter zusammengestellt, für den Unterricht in der 6. und in der 10. Klasse.

Dieses Informationsmaterial könnt ihr für private Zwecke nutzen, ihr dürft es euch also gerne ausdrucken. Gewerbliche Nutzung ist nur mit meinem Einverständnis erlaubt.
(Siehe "Intention")


Danuvius guggenmosi - Unterricht, 6. Klasse Gymnasium, Geschichte

Danuvius guggenmosi - Unterricht, 10. Klasse Gymnasium, Biologie




Abstimmung zu Danuvius guggenmosi

1. Danuvius war ein (Menschen-)Affe.
2. Danuvius war ein Mensch.
3. Weiß ich nicht.

Frage JBG
10a
JBG
10b
JBG
10c
JBG
10d
1 15 23 12 9
2 0 0 1 1
3 1 4 7 8







Foto: Jakob-Brucker-Gymnasium, Juli 2024


Fragen aus dem Unterricht und Anmerkungen

Woher weiß man, dass das eine Tier ein Jungtier ist, und weiß man das Geschlecht?
Von diesem Tier wurden bis auf eine Ausnahme nur Milchzähne gefunden, die sich in der Struktur von Zähnen des Dauergebisses unterscheiden.
Von diesen Zähnen kann man kein Geschlecht ableiten.

Ein weiteres Fundstück ist ein Stück eines Fingergliedes: eine sog. Epiphyse. Das ist das Ende eines sog. langen Knochens. Diese Enden werden durch den Knochenschaft verbunden. In frühem Alter sind zwischen Knochenschaft und Knochenenden Wachstumsfugen. Hier können sich die Enden abtrennen und werden daher isoliert gefunden. Das ist dann ein Hinweis darauf, dass es ein Jungtier ist.


Wertach
Zur Zeit von Danuvius guggenmosi gab es noch keine Wertach. Diese schnitt sich erst nach der Eiszeit, nach den Gletschern ins Tal ein.
Zu seinen Zeiten sah die Landschaft ganz eben aus, und ein Fluss schlängelte sich durch die Landschaft. An dessen Ufer standen Bäume.


Zerstört die tonabbauende Firma nicht die Fossilien?
Das passiert. Aber die Fossilien von Danuvius und anderen Tieren sind so tief unter der Erde, dass man die oberen Sedimentschichten (Ablagerungen) erst abtragen muss, das sind über 25 m. Ohne den Tonabbau wäre man hier gar nicht auf die so besonderen Fundstellen aufmerksam geworden. Seit dem bekannt ist, dass hier für die Wissenschaft interessante Fossilien gefunden werden, sind die Fundebenen geschützt und der Ton wird in diesem Bereich nur nach Rücksprache mit dem Forschungsteam aus Tübingen abgebaut.


Bei der Abstimmung zu Danuvius, stimmte ein Schüler dafür, Danuvius sei für ihn ein Mensch.
Er begründete das mit dessen Verhalten und mit dem aufrechten Gang.
Zum Verhalten möchte ich anmerken, dass wir kaum eine Aussage dazu machen können, da wir nur Knochen und Zähne gefunden haben und andere Funde werden wohl nicht zu finden sein. Dinge, die wir aus der Archäologie kennen, wie Schmuck oder Waffen, gibt es nicht, auch keine Beerdigungen, bei denen Rituale erkennbar sind.


Gehört die Hammerschmiede zu Kaufbeuren?
"Hammerschmiede" ist ein Ortsteil von Pforzen. In der Presse oder auch in Veröffentlichungen wird das oft falsch dargestellt. Unjüngst war in der Allgäuer Zeitung zu lesen "zwischen Kaufbeuren und Pforzen", was gar nicht geht, denn die Grenzen stoßen aneinander. In diesem Ortsteil Hammerschmiede ist eine Tongrube. In dieser Tongrube werden die zahlreichen Fossilien gefunden. Dass Danuvius früher "in Kaufbeuren" lebte, ist unwahrscheinlich. Seine Fossilien zeigen keine Abrollerscheinungen (seine versteinerten Knochen sind ganz schön eckig und nicht abgerundet, denkt an die Nachbildungen), die darauf hinweisen könnten, dass sie eine weitere Strecke in einem Bachlauf transportiert worden wären.
Unsinnig ist auch die "Hammerschmiede bei Pforzen" oder "bei Leinau". Pforzen selber ist der Ort, Leinau ist ein weiterer Ortsteil von Pforzen.
In sehr alten Veröffentlichungen wird die Tongrube als zu "Irrsee" gehörig beschrieben.
Aber im Alltag wird von "der Hammerschmiede" gesprochen.


Zerstörung und Deformierung der Fossilien?
Ja. Das Eine ist, dass die Fossilien tief unter der Erde sind und so eine schwere Auflast an Ablagerungen auf ihnen ruht. In der Eiszeit waren auch noch mehrere hundert Meter Eis oben drauf. Das führt zu Verdrückungen, die allerdings erstaunlich gering in unserer Tongrube sind. Das andere sind Verletzungen der Fossilien durch Gerätschaften des Tonabbaus oder durch Geräte, die bei den paläontologischen Grabungen verwendet werden. Man muss erst einmal herausfinden, dass in dieser Erde etwas drinsteckt, was von Interesse ist. Seit dem das bekannt ist, wird an den Stellen, wo weitere Funde vermutet werden, selbstverständlich behutsam vorgegangen. Besonders ausgeprägt sieht man einen Schaden am Oberschenkelknochen des einen Weibchens. Aber wir sind froh, dass wir überhaupt diese Funde haben, und dass sie dann wissenschaftlich aufgearbeitet werden können.


Altersbestimmung
Wir können bei diesem hohen Alter (Millionen von Jahren) nicht das Alter der Knochen bestimmen. Weder C14-Methode noch DNA-Analyse können hierbei durchgeführt werden. So wurde das Alter des umgebenden Sediments (Ablagerungen), in die die Fossilien eingebettet sind, bestimmt. Dazu hat man in etwa 4 km Entfernung (hier war der Untergrund geeignet) in Richtung Eggenthal eine Kernbohrung gemacht. Dabei erhielt man einen Bohrkern, der über 150 m lang war und den man auf seine magnetischen Eigenschaften untersucht hat. Diese sind abhängig von dem Magnetfeld der Erde und das hat sich immer wieder im Laufe der Millionen von Jahren geändert. Man erhält ein gewisses Muster der Magneteigenschaften und kann diese mit bekannten Mustern, denen bereits Altersstufen zugeordnet sind, vergleichen. Ebenso wurden Proben von der Tongrube genommen und verglichen. So kommt man auf das Alter von 11,62 Mio. Jahren.
Zudem gibt es Fundstellen mit Fossilien, die denen in der Tongrube der Hammerschmiede ähneln. Auch hier kann man Vergleiche anstellen.



Im Unterricht habe ich euch Ton, Sand und Kohle gezeigt, wie sie in der Tongrube vorkommen. Aus dem Ton werden Ziegel gebrannt, die dann nicht mehr grau sind, sondern durch die hohe Temperatur beim Brennen rot werden. In dem Glas habe ich für euch die verschiedenen Materialen zum Vergleich zur Tonwand eingeschichtet. Daneben seht ihr noch Muscheln, die 11,62 Mio. Jahre alt sind und so zahlreich gefunden werden, dass sie von den Wissenschaftlern nicht mehr beachtet werden. Anhand des Wirbelmodells könnt ihr verstehen, wie man mit zwei gefundenen Wirbelfossilien erklären kann, dass die Wirbelsäule von Danuvius gebogen ist und sich letztlich davon eine S-förmige Wirbelsäule ableiten lässt. Leider ein wenig dunkel in der Kiste sind die Repliken, die ich euch gezeigt habe.



"Udo ist ein Urmensch oder Vormensch"!?
Nein!
Natürlich gab es in der Allgäuer Zeitung immer wieder Formulierungen in dieser Richtung, Politiker haben falsche Vokabeln benutzt.
Danuvius ist ein Menschenaffe. Davon ist zumindest auszugehen, bis diese Hypothese widerlegt würde. Ich persönlich glaube das aber nicht. Für mich ist er ein Menschenaffe.
Es ist es schwierig, wenn "nur" Knochen und Zähne vorliegen, Eigenschaften zu finden, die eine Entscheidung eindeutig machen, also die: ist er ein Menschenaffe oder ein Mensch. Es fehlen wichtige Teile des Skelettes, die hilfreich wären, wie ein Schädelfund. Als einzige Eigenschaft, die einen Menschen ausmacht, können wir hier den aufrechten Gang interpretieren. Meines Erachtens war Danuvius in der Lage in Bäumen, auf dem Boden höchstens kurze Strecken auf zwei Beinen (Bipedie) zu laufen. Allerdings wird ein Tier nur aufrecht laufen, wenn es einen Nutzen für das Tier bringt. So vielleicht das Erreichen einer Frucht im Baum, im Geäst. Ob Danuvius ein Fluchtverhalten hatte, im Sinne von Wegrennen, weiß ich nicht. Ich glaube nicht, dass er mit seinem Greifzeh auf der Erde gut geradeaus gehen konnte. Er war sicherlich kein Dauerläufer wie ein Mensch. Sein Greiffuß war besser zum Klettern an Lianen geeignet, auch wenn wir vermuten, dass sein Sprunggelenk eher stabil war als "beugsam". Hier hätten wir gerne Fußwurzelknochen, um genauere Aussagen zu machen.


Was ist mit "Out of Africa"?
Das Ortsschild in Pforzen mit "Der aufrechte Gang kommt aus Pforzen" ist sicherlich falsch.
Der aufrechte Gang ist auch nichts, was es von heute auf morgen gab. Also das ist eine Entwicklung.
Den Ursprung zu benennen ist meines Erachtens nach dem derzeitigen Stand nicht möglich. Hierfür fehlen viel zu viele weitere Menschenaffen-Funde, die eine Entwicklung darstellen. Wie ist der aufrechte Gang definiert, wie lange muss ein Tier aufrecht auf zwei Beinen laufen können, damit man sagt, es läuft aufrecht. Welchen aufrechten Gang meinen wir, den in Bäumen (arboreale Bipedie) oder den auf der Erde (terrestrische Bipedie). Welche Funktion muss dieser aufrechte Gang erfüllen.
Es sind Parallelentwicklungen in verschiedenen Erdteilen möglich. Die bisherige Diskussion berücksichtigt keine möglichen Landbrücken, die mögliche Verbreitungen schlüssig erklären könnten. Die Kontinente waren nicht immer so "sortiert" wie heute. Die sind ganz ordentlich umhergeschoben worden (Plattentektonik).
Klar ist, dass die Hypothese, dass der aufrechte Gang und damit die Erstbezeichnung "Mensch" gerne von jedem beansprucht wird.
Der Stand bei Danuvius ist soweit, wir haben Fossilien, die nahelegen, dass er aufrecht gehen konnte, vermutlich eher in Bäumen. Vielleicht um an Früchte zu kommen. Aber sicherlich ist er wie ein "normaler" Affe auch geschwinghangelt. Welcher Anteil welche Fortbewegungsart hatte, ist Vermutung. Und daran, glaube ich, wird sich nicht viel ändern. Aber seine Einordnung im Vergleich zu anderen Menschenaffenfunden ist noch nicht abgeschlossen.
Warten wir ab, was die Wissenschaftler weiterhin ausgraben, hier in der Tongrube der Hammerschmiede, im Molassebecken, also nördlich der Alpen, und an anderen Stellen der ganzen Welt.



Buch von Madelaine Böhme
Dieses Buch steht in eurer Schulbücherei und beschreibt den Fund des Danuvius guggenmosi und anderer fossiler Funde, die in die Evolution der Primaten verankert werden.








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