Die Tongrube der Hammerschmiede ist der Fundort des weltweit bedeutenden Fossils Danuvius guggenmosi, einem Menschenaffen, der vor 11,62 Millionen Jahren hier lebte. Die Hammerschmiede ist eine ehemalige Ziegelei und gehört zu dem Ort Pforzen (ca. 2400 Einwohner/ Stand 05.07.2021) nördlich von Kaufbeuren. Pforzen liegt im Landkreis Ostallgäu, in Süddeutschland im bayerischen Alpenvorland. Die Tongrube selber liegt am westlichen Hang des Wertach-Tales. Der Ton ist als Konservierungsmittel für Fossilien bestens geeignet, folglich können besonders gut erhaltene Fossilien geborgen werden.
Das Schicksal solcher Fundstellen ist ein aktiver Abbau, ohne den sie aber vermutlich kaum entdeckt würden. Seit 2011 finden in der Tongrube wissenschaftliche Grabungen der Universität Tübingen in Zusammenarbeit mit dem Senckenberg Center for Human Evolution and Palaeoenvironment unter der Leitung von Frau Prof. Dr. Madelaine Böhme statt.
Die Fossilien liegen in Ablagerungen aus Ton oder feinem verdichteten Sand, die sich in einem Fluss- oder Bachbett angesammelt haben. Die Funde müssen mit größter Sorgfalt frei präpariert werden. Jeder Fund wird konserviert und ordentlich mit Lokalisation der Fundstelle dokumentiert. In der Universität Tübingen finden weitere, sehr zeitaufwendige Untersuchungen statt, die zur exakten Identifikation und Einordnung führen.
Im Wesentlichen werden in einer Fluss- und einer Bachrinne nach Funden gegraben, also dort, wo vor 11,62 Millionen Jahren ein Fluss bzw. ein Bach flossen. Die häufigsten Funde in diesen Rinnen sind sicherlich die mehrlagig angereicherten unzähligen Muscheln. Das Besondere dieser Fundstelle mit weltweiter Bedeutung sind die Wirbeltierfunde und an erster Stelle steht der Fund von versteinerten Knochen und Zähnen des Menschenaffen Danuvius guggenmosi. Neben diesem Menschenaffen wurde ein zweiter Affe ausgemacht, allerdings fand man von ihm nur wenige Zahnreste.
Bis zum Jahr 2020 wurden mehr als 15000 Fossilien auf einer Fläche von 1100 m2 geborgen. Dabei konnten mehr als 130 Wirbeltierarten identifiziert werden. Es handelt sich um ausgestorbene Tiere oder Tiere, die oder deren Nachfahren heute noch existieren. Dabei tauchen Namen auf wie Elefant oder Nashorn, Hyäne oder Antilope, die wir zunächst mit Afrika, einem anderen Erdteil in Verbindung bringen. Diese Funde in der Hammerschmiede belegen, dass diese Tiere mitten in Europa gelebt haben, teilweise zu einer Zeit, in der sie hier noch nicht, nicht mehr oder überhaupt nicht vermutet werden. Das Außergewöhnliche an der Tierwelt ist die entdeckte Vielfältigkeit. Es wurden besonders wichtige Knochen ausgemacht, die bei anderen Fundstellen fehlten und so ergänzend mehr Wissen zu diesen Tieren bedeuten. Zudem wurden unbekannte Arten entdeckt. Bei den Funden reihen sich Superlative aneinander. Es handelt sich um Vertreter aller Wirbeltierklassen.
Zu jeder Gruppe seien Tiere beispielhaft genannt: Fische wie Welse, Lurche (Amphibien) wie ein Riesensalamander, Kriechtiere (Reptilien) wie Wasser- und Landschildkröten, Vögel wie ein Kranich mit besonders gut erhaltenem Schädel. Säugetiere sind vertreten mit Igeln, Mäusen und Fledermäusen. Bei den Raubtieren finden sich Panda, Säbelzahnkatze, relativ häufig Hyänen und als größtes Raubtier ein Hundebär. Rüsseltiere wie der Zitzenzahn-Elefant, Unpaarhufer wie Nashorn und Waldpferd, Paarhufer wie Schweine, Hirschferkel, Hirsche und Antilopen und auch Nagetiere (häufige Biber mit einer großen und einer kleinen Art) und Hasenartige lebten in der Hammerschmiede vor 11,62 Millionen Jahren.
Für die Pflanzenwelt konnten Hölzer, Blätter, Samen und Pollen nachgewiesen werden. Die häufigsten Pflanzen sind dabei die Scheinhasel und die Weinrebe.
Aus den Funden, jeder Fund ist ein besonderes Puzzleteil, lässt sich ein ökologisches System rekonstruieren. So war es in der Hammerschmiede relativ eben. Es gab eher ein einheitliches Niveau. Das Tal der Wertach existierte noch nicht. Flüsse und Bäche, die von Süden nach Norden flossen, wurden von einem grünen Streifen, einer Auenlandschaft, begleitet. Hier tummelte sich wohl Danuvius in den Bäumen, hangelte an Lianen und lief aufrecht auf Baumästen. In den Überschwemmungsgebieten entwickelten sich Tümpel, in denen Süßwassertiere lebten.
Nach Prof. Dr. M. Böhme gab es insgesamt relativ wenige Niederschläge. Nur saisonal vor allem im Herbst kam es auch zu Überschwemmungen. Die Temperaturen zu Danuvius Zeiten waren, so behauptet sie, bis zu 12° C wärmer. Das würde bedeuten: wir haben heute im Jahresdurchschnitt etwa 10° C, so waren es seinerzeit bis etwa 22° C.
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